Der Unterschied zwischen Zöliakie, Weizenallergie, ATI-Sensivität und Fodmap-Intoleranz

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind auf dem Vormarsch: Seit Jahren steigen die Umfrage- und Untersuchungswerte von verschiedenen Quellen an, jedes Jahr mehr. Das man da irgendwann den Durchblick verliert, ist klar. Besonders Gluten, das Klebeeiweiß im inneren des Korns, wird von vielen Menschen unnötig vermieden und negativiert. Dieser Artikel widmet sich dem Thema Weizen und dessen Unverträglichkeiten, beleuchtet Testverfahren und welche Alternativen es gibt.

Ich möchte noch erwähnen, dass Gluten an sich keine Problematik der enzymatischen Abbaustörung Histaminintoleranz ist! Es handelt sich um eigenständige Krankheiten oder Unverträglichkeit, die unabhängig davon zu bewerten ist. Trotzdem ist es sinnvoll im Rahmen einer Auslassdiät auch Gluten und Casein, also Tiermilch erst einmal wegzulassen, um einfach so viele Unverträglichkeiten wie möglich in einem Ernährungs-und Symptomtagebuch zu dokumentieren. Denn eine Histaminintoleranz kommt meist nicht alleine, eine Mastzellerkrankung erst recht nicht. Trotzdem sollte man davon absehen, proforma auf Gluten zu verzichten, denn Vollkornprodukte sind wertvolle Lebensmittel und gehören zu einer gesunden Lebensführung dazu. Bei einer Histaminintoleranz solltest du trotzdem auf alte, nicht hochgezüchtete Sorten von Dinkel, Emmer, Kamut und Einkorn zurückgreifen.

Die perfekte Verpackung: Das Korn

Getreide hat die perfekte Verpackung. Mutter Natur hat sich schon etwas dabei gedacht, Lebensmittel mit Schalen, Bienenwaben oder Eierschalen zu schützen. Es ist bei idealen Bedingungen sehr viele Jahre haltbar. Erst vor einigen Jahren konnte man Getreidekörner, die als Grabbeigaben fungierten, aus Pharaonengräbern bergen. Und diese waren, dank der trockenen, kühlen und lichtgeschützen Lagerung, auch nach tausenden von Jahren noch keimfähig! Wahnsinn, oder?

Wie man anhand des Bildes sehen kann, befindet sich der Großteil der Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe im Keimling sowie in den Samenschalen. Genau deshalb ist Weißmehl und deren Produkte eines: ziemlich leere Kohlenhydratbomben, die den Blutzuckerspiegel stark ansteigen lassen. Zudem enthält Weißmehl nur noch einen sehr kleinen Bruchteil an Nährstoffen gegenüber Vollkornmehl, da für Weißmehl der Keimling und die Schalen entfernt werden. Vollkornmehl hingegen ist voller Ballaststoffe, die unsere Darmbakterien zu den gesundheitlich sehr bedeutenden kurzkettigen Fettsäuren verarbeiten. Zudem lässt ein hoher Ballaststoffanteil den Blutzucker nicht so stark ansteigen und hält länger satt.

Das für einige Menschen problematische Gluten befindet sich im Mehlkörper des Korns. Ohne dieses Klebeeiweiß würde uns beim Brot backen der Teig auseinanderfallen und seine Form nicht halten können.

Das Weizeneiweiß (Gluten, Klebeeiweiß) befindet sich im Mehlkörper des Korns.

Gluten ist übrigens ein Sammelbegriff, der unterschiedliche Klebeeiweiße. Sie sind für die hervorragenden Backeigenschaften verantwortlich. Je nach Getreideart finden sich andere Kombinationen von Eiweißbestandteilen (Proteinfraktionen) vor. Sie werden deshalb in vier Gruppen, aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Eigenschaften eingeteilt:

  • Prolamine: Gliadin, Avenin, Secalin, Hordein, Kafirin, Oryzin und Zein
  • Gluteline: Glutelin, Avenalin, Secalinin, Hordenin, Oryzenin und Zeanin
  • Globulin: Edestin
  • Albumin: Leukosin
  • Weizen: Gliadin, Glutenin, Edestin, Leukosin
  • Hafer: Avenin, Avenalin
  • Roggen: Secalin, Secalinin
  • Mais: Zein, Zeanin
  • Reis: Oryzin, Oryzenin
  • Hirse: Kafirin

Wie du siehst, stehen auch bei Mais, Reis und Hirse Eiweißbestandteile dabei. Sie sind allerdings glutenfrei, denn ihnen fehlen die Klebeeiweiße. Dinkel, Kamut, Einkorn und Emmer zählen hingegen botanisch zum Weizen und enthalten immer Gluten!

Zöliakie (Sprue, Glutenunverträglichkeit)

  • Autoimmunerkrankung: Passiert das Gliadin aus Weizen im Darm die Schleimhautbarriere, reagiert es mit einem Enzym: der Transglutaminase. Dadurch werden Immunzellen akiviert, welche wiederrum Antikörper (IgA) gegen die Transglutaminase bilden. Es erfolgt ein Angriff auf die körpereigenen Zellen der Darmschleimhaut. Der Darm entzündet sich und es kommt zu sehr unangenehmen Symptomen. In der Medizin herrscht Einigkeit, dass Gliadin der Auslöser der Zöliakie ist.
  • Symptome: Schmerzen, Durchfall, Blähungen, Geheih- und Wachstumsstörungen, Mangelerscheinungen, Ödeme, Psychische Erkrankungen wie z.B Depressionen, Lebererkrankungen, Osteoporose, Gelenkbeschwerden, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Muskelkrämpfe, Eisenmangel, Nachtblindheit, Hautentzündungen
  • Therapie: Eine absolut glutenfreie Ernährung.
  • Diagnostik: Biopsie aus Dünndarmgewebe, Antigen-Bluttest (Transglutaminase & Endomysium)
  • Histaminarme & glutenfreie Alternativen: Mais, glutenfreie Hafersorten, Hirse, Reis, Kastanien, Amaranth, Kartoffeln, Süßkartoffeln und deren Mehle.

FODMAP-Intoleranz

  • FODMAP: Steht englisch für: fermentable oligo-, di, monosaccharides and polyols. Zu deutsch: fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole.
  • Oligo-, Di-und Monosaccharide sowie Polyole: Saccharide sind sind Zuckermoleküle. Dabei ist es egal, aus welcher Quelle diese stammen. Ob nun Stärke aus Kartoffeln, Fruchtzucker in Obst oder Industriezucker, alle gehören chemisch zu den Sacchariden. Die chemische Nomenklatur (Namensgebung) wie Mono (einfach), Di (zweifach), oder Oligo (mehrfach) bezeichnet, ob es sich um Einfach-, Zweifach-, oder Mehrfachzucker handelt, sprich, wie lang die Ketten dieser Zuckermoleküle sind. Umso länger, umso mehr Energie muss der Körper aufwenden, diese zu einzelnen Moleküle zu trennen, um sie dem Körper als Energie zur verfügung zu stellen. Polyole bezeichnet mehrwertige Alkohole (Achtung, Süßstoffe!).
  • Therapie: Ernährung mit FODMAP-armen Lebensmitteln
  • Diagnostik: Keine. Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose. Man geht davon aus, das ein Teil der Betroffenen an einer Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (Weizensensitivität, engl. non-celiac gluten sensitivity, NCGS) oder an einem glutensensitiven Reizdarmsyndrom leidet. Um festzustellen, ob es daran liegen könnte, sollte man einem Weile ganz auf FODMAPS verzichten und dies in einem Ernährungs-und Symptomtagebuch dokumentierem.

Weizenallergie

  • Klassische Allergie: Beim ersten Kontakt mit dem Weizeneiweiß mit den Dünndarmzellen werden Antikörper gebildet. Diese heften sich an die Darmwand und bewirken eine Sensibilisierung. Erfolgt der nächste Kontakt, werden dann sofort Immunbotenstoffe ausgeschüttet, die den ganzen Körper fluten. (Allergie Soforttyp-1)
  • Symptome: Durchfall, Atemnot, Übelkeit, Hautauschlag, Schmerzen bis hin zum anaphylaktischen Schock.
  • Therapie: Weizen und deren Produkte meiden (Achtung bei Zusatzstoffen und Produkten mit enthaltenen Spuren!)
  • Diagnostik: Pricktest, Bluttest auf IgE-Antikörper
  • Histaminarme & glutenfreie Alternativen: Mais, Hafer, Hirse, Reis, Kastanien, Amaranth, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Zichorie und deren Mehle.

Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (Weizensensitivität, ATI-Sensivität)

  • Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI): Proteine in verschiedenen glutenhaltigen Getreidesorten. Das klinische Bild ist hier ähnlich dem einer Zöliakie, jedoch mit dem großen Unterschied, das keine krankheitstypischen Autoimmunreaktionen oder Allergiesymptome wie bei der Weizenallergie auftreten. Es wird angenommen, dass die Ursache in einer angeborenen, genetischen Immunität gegenüber alpha-Amlylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) liegt. Bei einem Teil der Betroffenen kommt es auch zur Unverträglichkeit gegenüber FODMAPs.
  • Symptome: Durchfall, Blähungen, Schmerzen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen
  • Therapie: Weizen und dessen Produkte meiden, meist noch zusätzlich FODMAPs. Hier gibt es eventuell eine Ausnahme, die Betroffene testen können: Kamut. Es gehört zwar zu den Urweizensorten, in Studien konnte aber ein großer Teil der Betroffenen dieses sehr gut vertragen. Zudem konnte eine entzündungsmindernde Wirkung festgestellt werden. Quelle: www.kamut.com (die Studien sind einzeln verlinkt)
  • Diagnostik: Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose. Ein Reizdarmsyndrom ist differentialdiagnostisch auszuschließen. Hilfreich ist ein Ernährungstagebuch mit Symptomen unter einer glutenfreien Ernährung für mindestens vier Wochen, besser drei Monate.

Atypische Weizenallergie

  • Typisch atypisch: Meist erfolgt hier eine verspätete Reaktion von Betroffenen. Es werden hierbei keine IgE-Antikörper gebildet. Sie wird leider oft mit einem Reizdarmsyndrom verwechselt. Das Darmgewebe entzündet sich hierbei durch den Kontakt mit dem Weizen.
  • Symptome: Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Blähungen, Müdigkeit
  • Therapie: Meiden von Weizen und dessen Produkten.
  • Diagnostik: Bei einer Endoskopie wird flüssiges Weizeneiweiß auf die Darmschleimhaut gespritzt, was zu lokalen Entzündungen führt.

Was man selbst tun kann

Der erste Schritt bei einem Verdacht, sollte der Gang zum Arzt sein. Eine Zöliakie sollte durch eine Biopsie ausgeschlossen werden. Am besten, man bringt ein gut geführtes Ernährungstagebuch mit Symptomen mit. Umso länger der dokumentierte Zeitraum ist, umso eindeutiger kann der Hinweis sein. Informationen zu den Themen gibt es auf https://www.fodmap-info.de und der Seite der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. .

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Einen schönen und symptomfreien Tag.

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